"Die Leute wollen mitreden und mitdenken"

Stuttgarterinnen und Stuttgarter können sich hier auf dem Portal Stuttgart - Meine Stadt über Projekte der Stadt informieren, an denen sie sich beteiligen können. Oberbürgermeister Fritz Kuhn erläutert, warum Bürgerbeteiligung für eine lebendige Stadtgesellschaft so wichtig ist, und dass es dafür auch genauen Regeln braucht, um keine falschen Erwartungen zu wecken.

OB Fritz Kuhn
Oberbürgermeister Fritz Kuhn. Foto: Thomas Niedermüller
Warum ist für Sie, Herr Oberbürgermeister, Bürgerbeteiligung so wichtig?
Bürgerbeteiligung bedeutet in der kommunalen Demokratie, dass die Stadtverwaltung rechtzeitig die Meinungen der Bürgerinnen und Bürger einholt und so das Verwaltungshandeln verbessert. Die Bürger sind Experten des Alltags. Eine Stadtdemokratie muss atmen und dieses Expertenwissen aufnehmen. Das große Interesse beispielsweise am Bürgerhaushalt oder an den Bürgerversammlungen zeigt uns: Die Leute wollen mitreden und mitdenken; vor allem bei Projekten, die vor ihrer Haustür umgesetzt werden oder sie direkt betreffen.

Wo liegen die Chancen, wo die Risiken von Bürgerbeteiligung?
Es gibt die formelle Bürgerbeteiligung, die gesetzlich vorgeschrieben ist, und die informelle Bürgerbeteiligung, die frei von Vorgaben ist. Mit beiden hat Stuttgart sehr gute Erfahrungen gemacht. Die kommunale Politik profitiert von den Ideen der Bürger. Und die Chancen sind offenkundig: Wir haben die Bürger einbezogen und können so zu besseren Entscheidungen kommen, die auch auf höhere Akzeptanz stoßen. Risiken sehe ich zunächst keine. Man darf aber keine falschen Erwartungen wecken.

Brauchen wir denn dann noch den Gemeinderat?
Selbstverständlich! Bürgerbeteiligung ersetzt nicht den Gemeinderat. Aber die Bürger können Einfluss nehmen. Bürgerbeteiligung heißt: Das breite Wissen der Bürgerinnen und Bürger, ihre Wünsche, Erfahrungen und Vorschläge fließen in Verwaltungshandeln und in die Entscheidungen des Gemeinderats ein. Aber klar ist, am Ende entscheidet der Gemeinderat. Anders als beim Bürgerentscheid: Ist der erfolgreich, dann ist er bindend.

Produziert Bürgerbeteiligung nicht auch Enttäuschungen?  Es kann ja nicht alles umgesetzt werden, und es gibt ja vielleicht auch widerstreitende Interessen unter den Bürgern, die sich beteiligen.
Ganz wichtig ist: Man muss vor Beginn gerade einer informellen Bürgerbeteiligung das Spielfeld und die Regeln genau beschreiben. Wenn die Leute wissen, die Stadtverwaltung will ihre Empfehlung, aber es entsteht kein Automatismus, dass es auch so gemacht wird, dann ist das ein faires Spiel. Das verstehen die Leute sehr wohl. Man darf nur eben keine falschen Erwartungen wecken. Und gerade bei widerstreitenden Bürgerinteressen wird ja deutlich, wie wichtig der Gemeinderat ist. Denn dann ist er erst recht gefordert, als das gewählte Gremium in der Gesamtschau die Entscheidung zu treffen.

Warum sollten sich Bürger beteiligen?
Weil es ihre Stadt ist. ​

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Was ist Bürgerbeteiligung?